Tintenfische. "Bologna" und die Professoren

Autor/innen

  • Wolfgang Fach Institut für Politikwissenschaft Universität Leipzig

DOI:

https://doi.org/10.15203/ozp.58.vol41iss3

Schlagwörter:

Lehre, Bolognareform

Abstract

 

Tintenfische und Professoren haben eines gemeinsam - beide wissen, wie man Tinte einsetzt, um Wolken zu produzieren, die verhindern, dass andere etwas se­hen, was sie nicht sehen sollen. Gerade deutsche Professoren haben sich dieser Technik ausgiebig bedient, als ihnen abverlangt wurde, die sog. Bologna-Reform umzusetzen - eine Reform, die den Lehrbetrieb, so wie sie ihn kannten, tiefgreifend verändern sollte. Wie sich schnell gezeigt hat, liegt der Haken an Bologna darin: Nimmt man das Vorhaben ernst, dann entwertet es wesentliche - intellektuelle wie habituelle, individuelle wie institutionelle - Investitionen, die dem professoralen Lebensstils sein Gepräge geben. So wurde aus dem gesetzlichen Auftrag eine un­vertretbare Zumutung und unerträgliche Einmischung. Bald jeder fühlte sich schikaniert, dachte an innere Emigration, wenn nicht gar offene Verweigerung und erfand für diese Renitenz ein nobleres Anliegen als den eigenen Komfort. Die Re­former verfügten über genügend Macht, um sicherzustellen, dass das Gesetz dem Buchstaben nach befolgt wurde; seinen Kritikern ist es derweil gelungen, ihm den Geist auszutreiben.

ENGLISH:

Octopuses - Bologna and the Professors

Professors and octopuses have one thing in common: they both know how to use ink in order to produce clouds that hide the truth from those not supposed to see it. German professors in particular made ample use of this technique when they were required by law to ­plement the so-called Bologna-reform,  a wide-ranging over­haul of most elements of teaching “as they knew it”. As quickly became evident, the hitch with Bologna is this: if taken seriously, it can­not but devalue essential invest­ments, intellectual was well as habitual, individual as well as institu­tional, that have “framed” the professorial way of life. Hence this new policy was consi­dered an un­reasonable demand and an intolerable intrusion.  Al­most everyone felt victimi­zed, pon­dered inner emigration or even open re­sistance, and invented nobler causes to stand up for than his own comfort. The reformers were in a position to enforce com­pliance with the let­ter, if not the spi­rit, of the law. In return, their opponents did what was in their power - while ad­hering to the letter, they killed the spirit.

Autor/innen-Biografie

  • Wolfgang Fach, Institut für Politikwissenschaft Universität Leipzig

    1992-2011 Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Leipzig

    2002-2006 Dekan der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie

    2006-2011 Prorektor für Studium und Lehre

     

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Veröffentlicht

2012-08-23

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